IT/ Marmolada/ Marmolada di Rocca 3309m Südwand
Schüsselkar mal 3 plus X = Marmolada; unvergessliche Tour
Mitten in der Prüfungsphase finde ich gerade lediglich die Zeit, meine Wandnotizen dieses Ultraklassikers Ende August zwei Tage nach der ebenso schönen Agnerkante verträumt und sehnsüchtig zugleich abzuschreiben:
Nachdem wir beim ersten tropfnassen Versuch 6 Wochen zuvor den falschen (anspruchsvolleren) Einstieg genommen haben, läuft es diesmal perfekt. Nach einer Nacht in der gemütlichen Rifugio Falier steigen wir mit dem ersten Licht um 6 Uhr ein. Sl1 links an der Kante hat guten Fels, lässt sich absichern, am Ende ein verbundener Stand aus 4 Haken, perfekt, so darf es weitergehen.
Sl2 perfekter Fels, Sl3 steile, anstrengende Wandstelle leichter werdend rechts hinauf. Sl4 der uns bereits bekannte henklige Riss nach rechts zum Treffpunkt des rechten Einstiegs.
Sl5 unserer Meinung nach die obligatorische Schlüsselseillänge, ein steiler, glatter Riss, schwer abzusichern. Es steckt zwar ein Haken, den man aber eigentlich rechts liegen lässt. Über links etwas leichter, sehr heikel, auch splittriger Fels!
Sl6 spektakulär, fotogen, super Griffe und viele Haken. Hier erreichte uns die Sonne.
Sl7 kurz schwer, sonst Genuss pur. Sl8 trocken sogar in freier Kletterei, raue Verschneidung.
Sl9 hoch und links, brüchig. Hier lehnt sich die Wand etwas zurück. Sl10 nach links aufsteigende Rampe.
Sl11 plattige, geneigte Verschneidung. Hier haben wir das letzte mal abgebrochen. Bis hierhin ist das abseilen noch gut möglich, danach nichtmehr! Diesmal ist jedoch blauer Himmel und wir können weitermachen :)
sicherlich eine der schönsten und längsten Felsfahrten der Dolomiten
Sl12 im Kamin weiter und diesen nach links verlassen. Seilreibung! Querung nicht verpassen zu Stand an Köpfl.
Sl13 Traumhafte Genuss-Platten-Querung. Leichter als es ausschaut. Bester Fels!
Sl14 linker Risskamin mit Fixfriend, rechts üble Sackgasse!!! Wie am kleinen Trichter in Berchtesgaden, nur viel größer.
Sl15 traumhafter Riss mit Wasserrillen.
SL16 Kaminverschneidung. SL17 enger Kamin, super Fels. Sl18 nach links aufs Band
Sl19 in 55m an perfekter Biwakhöhle (überdacht!) vorbei nach rechts zum Einstieg der Messner.
Nach dem etwas brüchigen unteren Teil wurde die Felsqualität nach oben hin immer genialer.
Interessant, dass bei der klassischen Bewertung von VIA2 nur 6+ frei ausgegeben wurde. Heute wäre das locker ein 7er, das gleiche gilt für die Messner, die mit Bohrhaken eine beliebte Sportkletterroute in der Verdonschlucht sein könnte.
Nach einer längeren Pause auf dem Band ließen wir den Bergführer mit seinen Kunden vor, da er die Route bereits kannte. Es stellte sich jedoch heraus, dass dies nicht stimmte und er wesentlich länger für die oft falsche Wegfindung benötigte. So überholten wir nach einigen Wartezeiten noch unter der SSL, um noch bei Tageslicht auszusteigen...
Der Messnerteil zeigte sich schlagartig von einer komplett anderen Seite. Zwar wesentlich flacher und oft auch leicht, aber sehr schwierige Wegfindung durch die unübersichtliche Plattenflucht. Es steckt nahezu kein Material und eine Absicherung ist wegen des geschlossenen Gesteins oft nicht möglich. In dem löchrigen Fels spielt man quasi Roulette. Die Schwierigkeit kann sehr stark variieren oder man landet in einer Sackgasse. Immer wieder steckt irgendwo an einer unüberwindbaren Stelle ein Haken. Die ersten 200m (4 Seillängen) ohne viel Material relativ gerade hoch auf ein kleines Band. Dort ist rechts ein ungemütlicher Stand, links ein bequemer Stand, Seilreibung!
Sl5 quasi die "Messnerplatte" an der Marmolada. Unglaublich wie sich Reinhold M. damals solo durch diese Wand getraut hat. Die Wegsuche gleicht einem Labyrinth. Linksquerung und spektakuläre Lochwand zu einem Hängestand. Heikel zum absichern, lange Runouts. Sl6 weniger steil und besser abzusichern. Sl7 gerade hoch.
Sl8 gerade hoch, fast kein Material mehr.
Sl9 Rampe rechts hinauf zur gelben Headwall.
Sl10 ein paar Haken in einer senkrechten, leicht splittrigen Wand. Schaut von unten unkletterbar aus. Doch aus der Nähe entdecke ich etliche Löcher und Leisten, die im Zickzack ein Durchkommen zulassen. Runout zum Fingerriss oder klettert man rechts daneben? Was für ein Abenteuer. Hier kann für erschöpfte Kletterer so kurz unter dem Ausstieg Schluss sein, obligatorische, anstrengende Kletterei.
Sl11 ein leichterer Riss leitet zum Grat, das Ende ist in Sicht :) Sl12 den Gratturm auf der linken Seite umgehen. Sl13 Gipfelsprint.
Nach 14 Stunden in der Wand fallen wir uns glücklich in die Arme. Fast wären wir wegen der vermeintlich ortskundigen Seilschaft in die Dunkelheit gekommen. Egal, wir haben diese gewaltige, anhaltend anspruchsvolle Wand in einem Tag gemeistert. Alles andere ist erstmal vergessen.
Während den 30min gemütlichem Abklettern zur Bergstation freuen wir uns bereits auf einen Schlafplatz. Anders als vermutet gibt es jedoch keinen zugänglichen Raum der kommerziellen, touristischen, nicht bergsteigerfreundlichen Seilbahn! Von allen Seiten versuchen wir, irgendeine offene Tür zu finden, doch Fehlanzeige.
Schließlich klettern wir in den überdachten Abfahrtsbereich der Gondel. Dort ist es wind- und regengeschützt, die Gummimatten am Boden sind einigermaßen komfortabel, der ausgelöste Alarm weniger. All das stört uns nach diesem Tag nicht und bei lediglich 2° Grad sind wir froh, endlich etwas schlafen zu können, unterbrochen vom Verschlingen unserer Gummibärchenvorräte.
Alternativ kann man es sich in einer Höhle mit Feuerstelle vor dem Komplex (un-)gemütlich machen oder den langen Abstieg über den Gletscher zum Fedaiapass hinunter riskieren.
Ein weiteres Highlight ist am nächsten Morgen nach 1,5 Tagen Tour mit Biwaknacht in 15 Minuten mit der Gondel knieschonend Richtung Cappuchino, Pizza und Eis hinunterzuschweben. So mögen wir Pause! :)
Unser Material: 50m Doppelseile; Cams #0,4-#3; Keile; 12 Exen; Hammer und Haken; Biwaksack; Leichtschlafsack; 3,5 Liter Trinken.
Das Topo von Ivo Rabanser im neuen Pause ist sehr gut, meistens jedoch der Nase nach.
Ca. 25-35 Seillängen für die Kombination, mind. 1000 Klettermeter, mind. 10-14h für die Wand, oder auch deutlich mehr! 2 Tage einplanen! Die Länge sollte nicht unterschätzt werden. Ebenso nicht die klassische Bewertung der Schwierigkeit, als 6+ das Limit war und deshalb extrem schwierig.
E 4; oftmals weder Zwischenhaken noch Standplätze vorhanden. Für die Sicherheit muss weitgehend selbst gesorgt werden, was in der Vinatzer noch gut möglich ist, im Messnerteil nicht mehr.
Ein Rückzug ist ab Sl11 nur sehr schwer möglich und mit großem Materialverlust verbunden. Deshalb muss unbedingt 1 oder 2 Tage stabiles Wetter vorhergesagt sein. Aufgrund des Gletschers ist das Wetter oftmals schlechter als im Rest der Dolomiten. Die Wand verwandelt sich in Kürze in einen Wasserfall, wie wir im Juli selbst erleben mussten. Der Vinatzer Teil bietet steile, anstrengende Kletterei an Rissen und Verschneidungen mit relativ klarer Linienführung und guter Absicherung. Der Messnerausstieg hingegen ist um einiges anspruchsvoller und objektiv gefährlicher.
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