Solaris und Nachtschwärmer 550m VIII+ E 3-

AT/ Loferer Steinberge/ Lachfeldkopf 1680m Südwand

Kombination aus moderner und in Vergessenheit geratener Kletterei

Die Nachricht am Sonntag in der Kletterhalle über einen Wintereinbruch ab Dienstag, allerdings noch bestem Herbstwetter am Montag führte schnell zu einem Entschluss: den vorerst letzten schönen Tag nutzen in einer tief gelegenen, südseitigen Wand. Die Wahl fiel auf die moderne Sportkletterroute "Solaris" von Scheidhacker/ Wizani am Lachfeldkopf Sockel mit der Option auf eine Verlängerung durch die Hauptwand bis zum Gipfel.

 

So fuhren Alfred und ich am 12. Oktober bei dichtester Nebelsuppe über die Mautstraße auf die Loferer Alm (mittlerweile 8,50€, Frechheit!). Oben angekommen schlagartig blauer Himmel und Sonnenschein über einem weißen Meer aus Nebel. Der Zustieg zur Abseilpiste "Graues Buch" verläuft leicht absteigend und dann 2x 50m a là Verdon abseilend zum Wandfuß des Urlkopf. Von dort geht es links steil bergab die Urler Gasse hinunter zur Sockelwand, welche noch 100m am Wandfuß gequert wird.

Alfred in der ausdernden 5. Sl/ 8-
Alfred in der ausdernden 5. Sl/ 8-

Die Route "Solaris" ist in diesem Wandbereich die einzige Route, der Name ist am Fels angepinselt.

 

Erst um 11 Uhr kletterten wir los, was wir im Abstieg noch bereuen sollten.

Die erste Seillänge (7, 45m) führt über eine glatte Platte zu einer Rechtsquerung, welche man an einem versteckten großen Loch (Grasbüschel) überwindet, dann leichter werdend hinauf.

 

Sl 2 (6+, 25m) erst rechts des Risses über Platten hinauf, danach erst auf Höhe des sichtbaren Stands nach links queren.

 

Die dritte Sl (7+, 25m) startet plattig, folgt einem Überhang an super Griffen, gefolgt von einem Wulst mit schwierigem Aufrichter a là Rätikon. Leichte Querung nach rechts zu Stand.

 

Sl 4 erst steil hinauf, dann unter Dachkante Querung nach rechts und in pumpigem Piaz hinauf.zu bequemem Stand (7-, 25m).

ich kurz nach der Schlüsselstelle 6.Sl/ 8+
ich kurz nach der Schlüsselstelle 6.Sl/ 8+

Die fünfte Seillänge (8-, 25m) ist ein weiteres Highlight in allerbestem Fels. Erst gerade hinauf, dann kleingriffige, senkrechter Quergang nach rechts zu steiler Rissschuppe. Diese kraftraubend hoch, gefolgt von schwierigem Wulst zum Stand.

 

Die Schlüsselseillänge (8+, 35m) ist zum Glück weniger steil und nur auf 3m wirklich schwer (Fingerloch, auf Reibung treten, weiter Zug zu Untergriffschuppe).

Da die anderen Routen dieser Erstbegeher (Schneidige Indianer, Schöne Tage) meiner Meinung nach sehr hart für den angegebenen Grad sind, gebe ich diesmal mein Bestes und werde sogar mit einem onsight belohnt, Yuhu!

Das Wandbuch ist leider nicht mehr vorhanden, ohne Pause klettern wir noch die letzte Länge zu Stand an einem Baum.

 

Trotz der recht fortgeschrittenen Zeit wollten wir einen Versuch wagen und die Route "Nachtschwärmer" ebenfalls klettern.

Alfred in der ersten Länge vom Nachtschwärmer, 6
Alfred in der ersten Länge vom Nachtschwärmer, 6

Gesagt, getan, nach 50hm Gehgelände zu den Wasserrillen war der Einstieg schnell gefunden.

Etwas unklar über die Ernsthaftigkeit dieser Route, klippte ich in der arschglatten Platte der ersten Länge sechs Bohrhaken, danach 15m Runout zum Stand. Die zweite Länge führt mit 3 BH auf 50m im Zick-Zack über die rauesten und strukturiertesten Platten zur steilen Hauptwand.

 

Die laut Führer oft nasse Schlüssellänge fanden wir zum Glück trocken vor. Diese abdrängende Länge führt steil an guten Griffen durch einen rauen Riss (50m, 7,). Die Bohrhaken sind hier zum Teil schon recht rostig und sollten evtl. mit Camalots 0,5 - 1 ergänzt werden. So weit die Abstände in dieser Länge auch waren, staunte ich nochmal kurz, als mir ein rostiger Schlaghaken den Standplatz signalisierte. Zu ergänzen an einer kleinen Schuppe und mittlerem Keil.

Das Panico Topo ist bezüglich Absicherung teilweise falsch, unter diesem Bericht findet Ihr mein überarbeitetes Topo!

ich in der dritten Länge vom NS, 7(+)
ich in der dritten Länge vom NS, 7(+)

Sl 4 führt durch die rechte, etwas brüchige und botanische Verschneidung bis an ihr Ende, von dort erzwungene Plattenquerung nach links oben. Hier haben unsere 50er Halbseile nicht gereicht (53m, 6).

Die fünfte Seillänge (50m, 7-) startet links der Kante, nach 10m darf man hier einen Fixfriend klippen, nach 25m einen Fixkeil und nach 30m eine Sanduhr, vermutlich noch von 1993. Die nächsten Meter zum ersten BH und auch die weiteren Meter sind trotz 2 BH mit einigen plättenden Blockierzügen richtig fordernd.

 

Vom Zwischenstand an einem BH 20m Gehgelände nach rechts zu Stand an einem BH. Das klettertechnische Highlight der Tour stellt die folgende Seillänge dar, bei gleichzeitig sehr guter Absicherung.

35m feinstes Plattengeschiebe auf steilem, rauen Fels mit vielen versteckten Löchern und Leisten. 10 Jahre später im Rätikon wäre diese Länge als 7 durchgegangen (6+, 35m).

ich in der moralisch härteren 7-
ich in der moralisch härteren 7-

Im letzten Tageslicht kletterten wir die letzten Meter zum Ausstieg. Doch kaum war die Route und damit der Fels vorbei, startete das Abenteuer, das noch lange dauern sollte. Da die Route scheinbar seit Jahren nicht mehr geklettert wurde, standen wir vor einer Mauer aus Latschen. Keine Latschengasse oder Steigspuren markierten hier einen Weg. Mit Stirnlampen schafften wir es nach gefühlten Ewigkeiten zum höchsten Punkt des Lachfeldkopfes.

 

Von dort verlockten einige Latschengassen und Steigspuren, meistens aber nur Sackgassen. Irgendwann fanden wir jedoch den richtigen Weg am bewaldeten Grat entlang Richtung Grubhörndl und über den Wanderweg zurück.

 

Mit Proviant und Flüssigkeit nur für die kurze "Solaris" machten wir dem "Nachtschwärmer" seinem Namen alle Ehre und erreichten das Auto um kurz vor Mitternacht.

Facts Solaris von 1997:

220m/ 6 Sl/ 8+/ 7+ obl./ 13 Exen/ 50m Seile

 

Facts Nachtschwärmer von 1993:

330m/ 7 Sl/ 7/ 7 obl./ 10 Exen/ Keile/ mittlere Friends/ SU-Schlingen/ 60m Seile

 

"In Kombination eine abwechslungsreiche Mehrseillänge mit 550m. Unten moderne Sportkletterei, oben klassische, alpine Sportkletterei aus den Anfängen dieser Zeit, etwas härter bewertet."

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Kommentare: 1
  • #1

    Fidelius Scheidhacker (Montag, 09 November 2015 22:20)

    Hallo Daniel,
    dass zwanzig Jahre nach unserer Begehung sich die Jugend in diesen verlassenen, märchenhaften Platz verirrt ist kaum zu glauben.

    Die Beschreibung der Route mit deinen persönlichen Erlebnissen hat mir sehr gut gefallen; und die schönen Fotos haben ganz schnell all die Erinnerungen wieder wach gerüttelt, als wir damals mit der Makita Bohrmaschine am Halfter uns die Wand hinaufgeschraubt haben.

    Ich wünsche Dir noch viele schöne Klettermeter für Dein weiteres Kletterleben.

    PS.:
    Die ersten zwei Plattenseillängen der Route Nachtschwärmer haben wir zwei Jahre vor der Solaris eingebohrt. Es waren die ersten Bohrhaken überhaupt in diesem Gebiet. Doch als wir weitermachen wollten war die Route Royal Flash von oben eingebohrt worden. Es wäre eigentlich die Linie gewesen, mit der wir weitermachen wollten. Deshalb sind wir damals auf den Lachfeldkopfsockel und die Solaris ausgewichen.

    Grüße

    F.Scheidhacker + H.Wizani(i.V.)