Schmuckkamin 300m VI E 3

AT/ Wilder Kaiser/ Fleischbank 2186m Ostwand

geschichtsträchtiger Klassiker durch eine beeindruckende Kaminlinie

Nach vier Tagen auf dem Stripsenjochhaus mit wetterbedingt hauptsächlich nassen, modernen Routen, sollten wir am 24. August endlich gute Bedingungen für eine alpinere Unternehmung vorfinden. Die Wahl fiel auf den Schmuck-Kamin von 1949 mit interessanter Begehungsgeschichte.

 

Selber Ausgangspunkt im oberen Teil der Steinernen Rinne wie vor einem Monat bei der Rebitsch-Spiegl:, die von Rissen durchzogene, geneigte Plattenrampe mit einem kleinen Band, dort ein altes Seilstück an zwei Sanduhren.

 

Von hier leicht rechts hoch in 60m zum zweiten Stand, es gibt einen Zwischenstand an einem Klebehaken 10m weiter oben. Dort jedoch kein entspannter Absatz zum Einbinden, etc. deswegen lieber als Zwischensicherung klippen. Beim zweiten Klebehaken Querung nach rechts zum Stand an zwei Schwerlastankern. Hier kreuzt die "Zeichensprache 9+/10-". Ich verwende jedoch lieber einen Ropeman und quere die 20m weiter nach rechts zum nächsten Stand, während Alfred parallel nachklettert.

Die nächste Seillänge führt durch die Schwachstelle der unten sehr steilen Wand und bietet somit überhängende, anstrengende Kletterei entlang einer abdrängenden Verschneidung/ Risslinie.

Mit VII+ wird man hier wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht, was klassische Bewertungen angeht. Technisch aber auch mit 6+/A0 möglich. Man muss sich eigentlich nicht fürchten, es wechseln sich Klebehaken mit 2-3 alten Rostgurken ab. Als Schlüsselstelle würde ich diese Länge deshalb nicht bezeichnen, da die weitere Route zwar etwas leichter, dafür aber alpiner wird und durchgehend zwingend zu klettern ist.

Über eine kurze Rinne gelangt man zur Abzweigung der Asche-Lucke aus dem Jahr 1930. Zu dieser Zeit verpassten einige Wiederholer die Querung nach links und mussten sich spätestens im glatten Schlund des Kamins zurückziehen. Erst 1949 gelang drei Österreichern um Marcus Schmuck die vollständige Begehung des gesamten Kamins. Sie ließen sich von den Verhauerhaken etlicher gescheiterter Seilschaften irritieren und versuchten trotzdem weiterzuklettern. Ihnen gelang in schwieriger Spreizkletterei bei schlechter Absicherung der gesamte Durchstieg durch die Falllinie des Kamins. 

Der anfangs recht breite Schlund lässt sich in den folgenden zwei Fünfer-Längen in griffiger Wand- und Verschneidungskletterei überwinden. Spätestens in Sl 7 muss man dann aber definitiv die richtige Technik anwenden -

der reine Sportkletterer sollte hier also

nicht einsteigen.

Der Kamin ist in dieser Länge zu breit zum hochrampfen, deshalb weites Ausspreizen an oft glatter Wand in ausgesetzter Kulisse.

 

"Lange Füße von Vorteil", wie ein Rentner, den wir beim Zustieg trafen, sich an seine Begehung vor 20 Jahren erinnerte. Gerade dieses Herzstück der Tour hat trotz der Sanierung wenig von der Ernsthaftigkeit verloren. Spärliche Haken, selbst in den (schweren) 6er Längen, lassen sich jedoch oft mit mittleren bis großen Friends und Keilen ergänzen.

 

Sl 8 etwas leichter und weniger anhaltend, dafür aber schwieriger Runout zum Stand.

In der letzten Seillänge kann man sich zwischen zwei sehr engen Rissen entscheiden. Beide sind mit je zwei Klebehaken saniert, der linke ist etwas gnädiger bewertet.

Der Vollständigkeit halber wählten wir die rechte, schwerere Variante. Tatsache ist, dass es bis zum Schluss nicht langweilig wird. Wer bis hierhin ohne ein Loch in der Kleidung durchgekommen ist, wird nochmal auf eine harte Probe gestellt. Ein sehr enger Risskamin lässt sich mit viel Körpereinsatz zwar entspannt klettern, beide Seiten sind jedoch sehr scharfkantig und wasserzerfressen, lieber weiter außen bleiben!

 

Vom Stand gelangt man in ca. 60m (seilfrei) über eine saftige Wiese zum Ausstieg an zwei Bergrettungshaken.

 

Wir wählten den Abstieg über den Nordgrat und seilten 7x über die bereits bekannte Spaß 2000 ab. Alternativ den Nordgrat hinunter (mehrmals abseilen) oder hoch bis zum Gipfel (dann ebenfalls abseilen über den Herrweg). Zeitlich wohl kein großer Unterschied.

 

Wenn sich eine Seilschaft in "Des Kaisers neue Kleider 10+" befindet, hat man hier einen Logenplatz. So konnten wir noch bei Dreharbeiten aus nächster Nähe staunen. 

Fazit Schmuck-Kamin:

7+ E 3(-) oder 6+A0/ 300m/ 9 Sl/ 6+ obl.

Sehr eindrucksvolle, empfehlenswerte Kaminkletteri in bestem Kaiserfels. Kamine in verschiedenen Breiten - vom engen Risskamin bis hin zum weiten Spreizkamin. Die Route wurde sparsam saniert und hat wenig von Ihrer Ernsthaftigkeit verloren. Es stecken nicht allzu viele Haken, Friends 0,5 - 2 und Keile sind unbedingt notwenig, können aber nicht überall eingesetzt werden. Zwingendes Klettern im VI. Grad erforderlich.

geklettert am 24.08.2015 mit Alfred Hagmaier

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